Kündigungsgründe beim Arbeitsvertrag

Anwalt Arbeitsrecht Potsdam Kanzlei Reimann

Die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses ist oft ein komplexer Prozess, der sowohl rechtliche als auch persönliche Aspekte berücksichtigt. In Deutschland regelt das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) die Voraussetzungen, unter denen eine Kündigung sozial gerechtfertigt ist. Dieses Gesetz soll sicherstellen, dass Arbeitnehmer nicht willkürlich entlassen werden. Doch nicht in allen Fällen findet das KSchG Anwendung. Zudem gibt es unterschiedliche Arten von Kündigungen, die jeweils auf spezifischen Gründen basieren.

Dieser Beitrag bietet einen Überblick über ordentliche und außerordentliche Kündigungen, ihre Gründe sowie die Fälle, in denen das KSchG keine Anwendung findet.

Kündigungen können grundsätzlich in zwei Kategorien unterteilt werden:

a) Ordentliche Kündigung

Die ordentliche Kündigung beendet das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der vertraglich oder gesetzlich festgelegten Kündigungsfrist. Insoweit das Arbeitsverhältnis in den Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes fällt, setz die Kündigung einen sozial gerechtfertigten Kündigungsgrund voraus. Dieser kann personenbedingt, verhaltensbedingt oder betriebsbedingt sein.

b) Außerordentliche Kündigung

Die außerordentliche Kündigung, auch fristlose Kündigung genannt, erfolgt ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist. Sie ist nur zulässig, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, der eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für den Arbeitgeber unzumutbar macht.

Das Kündigungsschutzgesetz gilt nicht in allen Fällen. Insbesondere in den folgenden Situationen greift es nicht:

a) Kleinbetriebe

Das KSchG findet keine Anwendung auf Unternehmen mit zehn oder weniger Arbeitnehmern (§ 23 KSchG). In diesen Fällen ist keine soziale Rechtfertigung erforderlich, und der Arbeitgeber kann das Arbeitsverhältnis vergleichsweise einfach kündigen.

b) Beschäftigungsverhältnis von weniger als sechs Monaten

Arbeitnehmer, die noch keine sechs Monate im Unternehmen beschäftigt sind, genießen keinen Schutz durch das KSchG. Diese Probezeit ermöglicht es dem Arbeitgeber, das Arbeitsverhältnis ohne Angabe eines sozial gerechtfertigten Grundes zu beenden.

c) Geschäftsführer und leitende Angestellte

Für leitende Angestellte, Geschäftsführer und Vorstandsmitglieder gilt das KSchG in der Regel nicht. Ihre Kündigungsbedingungen sind meist individuell vertraglich geregelt.

d) Befristete Arbeitsverhältnisse

Wenn ein Arbeitsvertrag befristet ist, endet das Arbeitsverhältnis automatisch mit Ablauf der Befristung. Das KSchG greift hier nur bei vorzeitiger Kündigung, sofern diese möglich ist.

Die sozialen Rechtfertigungsgründe nach dem KSchG lassen sich in drei Hauptkategorien einteilen:

a) Personenbedingte Gründe

Personenbedingte Kündigungen beruhen auf Umständen, die in der Person des Arbeitnehmers liegen und ihn daran hindern, seine vertraglichen Pflichten zu erfüllen. Beispiele:

  • Langandauernde Erkrankung:
    Eine Kündigung kann gerechtfertigt sein, wenn keine Aussicht auf Genesung besteht, die Arbeitsleistung dauerhaft entfällt und der Betrieb dadurch erheblich beeinträchtigt wird.
  • Fehlende Eignung oder Qualifikation:
    Wenn der Arbeitnehmer dauerhaft nicht die erforderlichen Fähigkeiten für die Tätigkeit mitbringt und keine Möglichkeit zur Umschulung oder anderweitigen Beschäftigung besteht.
  • Verlust von Arbeitserlaubnissen:
    Der Entzug von Führerscheinen (z. B. bei Berufskraftfahrern) oder Arbeitsgenehmigungen kann eine Kündigung rechtfertigen.

b) Verhaltensbedingte Gründe

Diese Gründe liegen in einem vertragswidrigen Verhalten des Arbeitnehmers. Beispiele:

  • Wiederholte Unpünktlichkeit:
    Trotz vorheriger Abmahnungen erscheint der Arbeitnehmer regelmäßig zu spät.
  • Arbeitsverweigerung:
    Wenn der Arbeitnehmer Aufgaben, die er vertraglich schuldet, wiederholt ohne triftigen Grund verweigert.
  • Störung des Betriebsfriedens:
    Beleidigungen, Mobbing oder diskriminierendes Verhalten gegenüber Kollegen oder Vorgesetzten.
  • Diebstahl oder Betrug:
    Diese Verfehlungen zerstören das Vertrauensverhältnis und können eine Kündigung rechtfertigen.

In der Regel ist vor einer verhaltensbedingten Kündigung eine Abmahnung erforderlich. Sie gibt dem Arbeitnehmer die Möglichkeit, sein Verhalten anzupassen. Nur wenn das Verhalten trotz Abmahnung fortgesetzt wird, ist eine Kündigung zulässig.

c) Betriebsbedingte Gründe

Betriebsbedingte Kündigungen basieren auf unternehmerischen Entscheidungen, die dazu führen, dass Arbeitsplätze wegfallen. Beispiele:

  • Auftragsrückgang oder wirtschaftliche Schwierigkeiten:
    Eine Kündigung kann gerechtfertigt sein, wenn der Arbeitgeber aufgrund eines schrumpfenden Marktes Personal abbauen muss.
  • Restrukturierung oder Automatisierung:
    Neue Technologien können dazu führen, dass bestimmte Arbeitsplätze überflüssig werden.
  • Stilllegung von Betriebsteilen oder Standorten:
    Bei Schließungen oder Standortverlagerungen können Kündigungen notwendig sein.

-> Sozialauswahl:
Bei betriebsbedingten Kündigungen muss der Arbeitgeber eine Sozialauswahl durchführen. Dabei werden folgende Kriterien berücksichtigt:

  • Alter
  • Betriebszugehörigkeit
  • Unterhaltspflichten
  • Schwerbehinderung

Eine außerordentliche Kündigung kommt nur bei gravierenden Pflichtverletzungen oder Umständen in Betracht, die eine Weiterbeschäftigung unzumutbar machen. Beispiele:

a) Schwerwiegende Pflichtverletzungen

  • Diebstahl oder Unterschlagung: Veruntreuung von Firmeneigentum.
  • Arbeitszeitbetrug: Manipulation von Stundennachweisen oder andere Formen des Betrugs.
  • Betrug: Beispielsweise die Vorlage gefälschter Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen.

b) Tätlichkeiten oder Bedrohungen

  • Körperliche Angriffe oder Drohungen gegenüber Kollegen oder Vorgesetzten.
  • Beleidigungen, insbesondere rassistischer oder sexistischer Art.

c) Vertrauensbruch

  • Geheimnisverrat: Weitergabe sensibler Informationen an Dritte.
  • Konkurrenzverhalten: Unerlaubte Tätigkeit für ein Konkurrenzunternehmen während des Arbeitsverhältnisses.

d) Verstöße gegen Compliance-Regeln

  • Korruption: Annahme oder Gewährung von Bestechungsgeldern.
  • Missbrauch von Firmeneigentum: Unerlaubte Nutzung von Firmenfahrzeugen oder IT-Ressourcen.

e) Straftaten im Betrieb

  • Drogen- oder Alkoholkonsum: Besonders in sicherheitsrelevanten Berufen.
  • Sexuelle Belästigung: Unerwünschte körperliche oder verbale Übergriffe.

a) Formvorschriften

  • Kündigungen müssen schriftlich erfolgen (§ 623 BGB).
  • Elektronische Formen wie E-Mail oder Fax sind unwirksam.
  • Die Kündigung muss dem Arbeitnehmer nachweislich zugehen.

b) Kündigungsfristen

  • Ordentliche Kündigungen unterliegen den gesetzlich oder vertraglich festgelegten Fristen, die sich nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit richten.
  • Außerordentliche Kündigungen erfolgen ohne Frist, müssen aber spätestens zwei Wochen nach Bekanntwerden des Kündigungsgrundes ausgesprochen werden.

c) Abmahnung

  • Eine Abmahnung ist bei verhaltensbedingten Kündigungen in der Regel erforderlich, um dem Arbeitnehmer die Chance zu geben, sein Verhalten zu ändern.
  • Bei besonders schwerwiegenden Pflichtverletzungen kann die Kündigung jedoch ohne Abmahnung erfolgen.

d) Widerspruch und Klage

  • Arbeitnehmer können gegen eine Kündigung innerhalb von drei Wochen Klage beim Arbeitsgericht einreichen.
  • Das Gericht prüft, ob die Kündigung sozial gerechtfertigt und die formellen Vorgaben eingehalten wurden.

Kündigungen sind rechtlich komplex und können erhebliche Konsequenzen für beide Seiten haben. Ein Rechtsanwalt mit Schwerpunkt Arbeitsrecht kann sowohl Arbeitnehmern als auch Arbeitgebern wertvolle Unterstützung bieten, um ihre Rechte und Pflichten zu wahren und Streitigkeiten zu vermeiden.

a) Unterstützung für Arbeitnehmer

  • Prüfung der Kündigung:
    Ein Anwalt kann prüfen, ob die Kündigung formal korrekt und sozial gerechtfertigt ist. Dazu gehören die Einhaltung der Kündigungsfrist, die Begründung und der Zugang der Kündigung.
  • Klage gegen die Kündigung:
    Falls Zweifel an der Rechtmäßigkeit bestehen, kann der Anwalt innerhalb der dreiwöchigen Klagefrist eine Kündigungsschutzklage einreichen. Ziel ist es, entweder das Arbeitsverhältnis fortzusetzen oder eine angemessene Abfindung zu erzielen.
  • Beratung bei Abfindungen:
    Ein Anwalt hilft, eine faire Abfindung auszuhandeln, insbesondere im Rahmen eines Aufhebungsvertrags oder als Teil eines Vergleichs.
  • Unterstützung bei Verhandlungen:
    Auch bei der Verhandlung eines Aufhebungsvertrags oder eines Zeugnistextes kann ein Rechtsanwalt die Interessen des Arbeitnehmers durchsetzen.

b) Unterstützung für Arbeitgeber

  • Beratung zur Kündigung:
    Ein Anwalt hilft, die Kündigung rechtssicher vorzubereiten, z. B. durch die Formulierung der Kündigungsschreiben, die Einhaltung von Fristen und die Begründung der Kündigung.
  • Prüfung der Voraussetzungen:
    Insbesondere bei betriebsbedingten oder verhaltensbedingten Kündigungen stellt der Anwalt sicher, dass alle Voraussetzungen – wie Abmahnungen oder die Sozialauswahl – erfüllt sind.
  • Vertretung bei Rechtsstreitigkeiten:
    Sollte der Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage erheben, vertritt der Anwalt die Interessen des Arbeitgebers vor Gericht und versucht, unnötige Kosten oder Komplikationen zu vermeiden.
  • Gestaltung von Aufhebungsverträgen:
    Ein Anwalt unterstützt Arbeitgeber dabei, Aufhebungsverträge rechtssicher zu gestalten, um Streitigkeiten und spätere Klagen zu vermeiden.

Ordentliche und außerordentliche Kündigungen sind zentrale Werkzeuge des Arbeitsrechts, um Arbeitsverhältnisse zu beenden. Während die ordentliche Kündigung oft auf langfristige Entwicklungen wie Leistungsmängel oder betriebliche Veränderungen zurückzuführen ist, erfordert die außerordentliche Kündigung ein schwerwiegendes Fehlverhalten. Beide Formen unterliegen strengen rechtlichen Vorgaben, die Arbeitgeber und Arbeitnehmer kennen sollten, um Rechtsstreitigkeiten und Missverständnisse zu vermeiden. Eine rechtliche Beratung durch einen Rechtsanwalt mit Schwerpunkt Arbeitsrecht kann in vielen Fällen helfen, die richtige Vorgehensweise zu wählen.


Reimann & Partner Rechtsanwälte - Constanze Reimann

CONSTANZE REIMANN

Managing Partner

Rechtsanwältin

Fachanwältin für Steuerrecht

Zertifizierte Mediatorin


Reimann & Partner Rechtsanwälte - Martin Fronczyk

MARTIN FRONCZYK

Managing Partner

Rechtsanwalt

Diplom-Betriebswirt (FH)

M.Sc. Wirtschaftswissenschaften


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