Geschäftsführerhaftung in der GmbH

Anwalt Strafrecht, Wirtschaftsstrafrecht, Verkehrsstrafrecht, Steuerstrafrecht Potsdam

Die Rolle des GmbH-Geschäftsführers in einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) ist mit erheblichen Verantwortlichkeiten verbunden. Obwohl die GmbH als juristische Person grundsätzlich selbst für ihre Verbindlichkeiten haftet, kann der GmbH-Geschäftsführer unter bestimmten Umständen persönlich haftbar gemacht werden. In diesem Beitrag skizzieren wir die wichtigsten Haftungsrisiken, gehen detailliert auf konkrete Beispiele ein und zeigen auf, wie Sie diese minimieren können.

Dieser Artikel richtet sich speziell an GmbH-Geschäftsführer, die sich einen Überblick über die Geschäftsführerhaftung bei der GmbH verschaffen möchten.

Die Haftung eines GmbH-Geschäftsführers lässt sich grundsätzlich in zwei Kategorien einteilen:

  • Innenhaftung: Diese betrifft Ansprüche der GmbH gegen den GmbH-Geschäftsführer, beispielsweise wegen Pflichtverletzungen oder unzureichender Sorgfalt bei der Führung der Geschäfte.
  • Außenhaftung: Hierbei geht es um Ansprüche Dritter, wie Gläubiger, Kunden oder Behörden, gegen den GmbH-Geschäftsführer persönlich.

Die rechtliche Grundlage dafür bildet der Grundsatz, dass der GmbH-Geschäftsführer bei der Führung der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsleiters walten lassen muss (vgl. § 43 Abs. 1 GmbHG). Fehler, die durch Fahrlässigkeit oder Vorsatz entstehen, können erhebliche finanzielle und rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Die Kenntnis der Geschäftsführerhaftung ist für jeden GmbH-Geschäftsführer unverzichtbar.

Die Innenhaftung tritt ein, wenn der GmbH-Geschäftsführer seine Pflichten gegenüber der GmbH verletzt. Solche Pflichtverletzungen können vielfältig sein und reichen von strategischen Fehlentscheidungen bis hin zur Missachtung gesetzlicher Vorgaben.

a) Haftungsgründe

Im Folgenden stellen wir einige der wichtigsten Haftungsgründe dar:

  • Verstoß gegen gesetzliche Vorschriften: Der GmbH-Geschäftsführer muss sicherstellen, dass die Gesellschaft alle gesetzlichen Verpflichtungen erfüllt. Dies umfasst unter anderem Steuerpflichten, Vorschriften zur Arbeitssicherheit sowie Umweltauflagen. Beispielsweise können verspätete Steuererklärungen oder fehlerhafte Abrechnungen zu Schadenersatzansprüchen der Gesellschaft führen.
  • Missachtung des Gesellschaftsvertrags oder Gesellschafterbeschlüsse: Entscheidungen, die dem Gesellschaftsvertrag oder Gesellschafterbeschlüssen widersprechen, können als Pflichtverletzung gewertet werden. Ein Beispiel dafür ist die unbefugte Aufnahme von Krediten ohne Zustimmung der Gesellschafterversammlung.
  • Fehlentscheidungen im operativen Geschäft: Der GmbH-Geschäftsführer hat einen gewissen Ermessensspielraum („unternehmerisches Ermessen“). Dennoch können grob fahrlässige oder vorsätzliche Fehlentscheidungen, etwa riskante Investitionen ohne fundierte Prüfung, eine Haftung begründen.

b) Beispiele aus der Praxis

  • Ein GmbH-Geschäftsführer vernachlässigt es, offene Forderungen rechtzeitig einzutreiben, wodurch der GmbH erhebliche Liquiditätsprobleme entstehen.
  • Es werden Verträge abgeschlossen, die für die GmbH nachweislich nachteilige Konditionen enthalten, ohne vorherige Risikoanalyse.

c) Haftungsminderung durch Entlastung und Versicherung

Die Gesellschafterversammlung kann den GmbH-Geschäftsführer für vergangene Geschäftsjahre entlasten. Dies bedeutet, dass die Gesellschafter auf Ansprüche verzichten, sofern keine groben Pflichtverletzungen vorliegen. Darüber hinaus bietet eine D&O-Versicherung (Directors and Officers Liability Insurance) Schutz vor finanziellen Folgen durch Haftungsansprüche. Für GmbH-Geschäftsführer ist der Abschluss einer solchen Versicherung ein wesentlicher Bestandteil der Risikominimierung.

Obwohl die GmbH als eigenständige Rechtspersönlichkeit grundsätzlich allein haftet, gibt es Szenarien, in denen der GmbH-Geschäftsführer direkt in Anspruch genommen werden kann. Dazu gehören insbesondere die folgenden Fälle:

  • Steuer- und Sozialversicherungsbeiträge: Der GmbH-Geschäftsführer ist verpflichtet, die fristgerechte Abführung von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen sicherzustellen. Bei Verstößen, z.B. durch Nichtabführung von Lohnsteuer, kann er persönlich haftbar gemacht werden (§ 69 AO).
  • Insolvenzantragspflicht: Im Falle einer drohenden Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung muss der GmbH-Geschäftsführer unverzüglich, spätestens aber innerhalb von drei Wochen, einen Insolvenzantrag stellen (§ 15a InsO). Unterlassene oder verspätete Insolvenzanträge können eine persönliche Haftung auslösen.
  • Deliktische Haftung: Der GmbH-Geschäftsführer haftet persönlich, wenn er durch vorsätzliches oder fahrlässiges Handeln Dritten Schaden zufügt. Beispiele sind Fälle von Betrug, Veruntreuung oder Umweltverstoßen.
  • Verletzung von Schutzgesetzen: Dazu zählen Verstöße gegen arbeitsrechtliche Vorschriften, wie etwa unrechtmäßige Kündigungen oder die Missachtung von Mindestlohnvorschriften.

Die Außenhaftung ist ein zentraler Aspekt der Geschäftsführerhaftung, da sie erhebliche finanzielle und rechtliche Risiken birgt.

Neben zivilrechtlichen Haftungsrisiken bestehen für den GmbH-Geschäftsführer auch strafrechtliche Gefahren. Diese ergeben sich vor allem aus dem Wirtschaftsstrafrecht und können schwerwiegende Konsequenzen wie Geldstrafen oder Freiheitsstrafen nach sich ziehen.

a) Delikte

Die wichtigsten Delikte umfassen:

  • Insolvenzverschleppung: Wird ein notwendiger Insolvenzantrag verspätet gestellt, kann dies nicht nur zivilrechtliche, sondern auch strafrechtliche Konsequenzen haben. Nach § 15a InsO droht eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe.
  • Steuerhinterziehung: Nach § 370 AO drohen bei vorsätzlicher Steuerhinterziehung empfindliche Geldstrafen oder sogar Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren. Bei besonders schweren Fällen, wie der Hinterziehung hoher Beträge, kann die Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren betragen.
  • Betrug und Untreue: Nach §§ 263 und 266 StGB können Betrug oder Untreue des GmbH-Geschäftsführers, beispielsweise bei der Veruntreuung von Gesellschaftsvermögen, ebenfalls strafrechtliche Verfolgung nach sich ziehen.
  • Verstöße gegen Umwelt- oder Arbeitsschutzvorschriften: Hier drohen neben Bußgeldern auch strafrechtliche Sanktionen, wenn durch die Verstöße Personen oder die Umwelt erheblich geschädigt werden.

b) Praxisbeispiele strafrechtlicher Risiken

  • Ein GmbH-Geschäftsführer verzögert absichtlich die Einreichung eines Insolvenzantrags, obwohl die Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft bereits feststeht. Dies wird als Insolvenzverschleppung geahndet.
  • Durch die Manipulation von Steuerunterlagen versucht ein GmbH-Geschäftsführer, Steuerzahlungen zu umgehen. Dies wird als Steuerhinterziehung verfolgt.

c) Wie Sie strafrechtliche Risiken minimieren

  • Rechtzeitige Beratung: Ziehen Sie bei komplexen Entscheidungen einen Steuerberater oder Rechtsanwalt hinzu, um rechtliche Fehler zu vermeiden.
  • Sorgfalt und Transparenz: Führen Sie alle Geschäftsaktivitäten transparent und dokumentieren Sie alle wesentlichen Vorgänge. Dies kann im Ernstfall belegen, dass Sie sorgfältig gehandelt haben.
  • Compliance-Systeme etablieren: Richten Sie ein internes Compliance-Management ein, um gesetzliche Vorgaben systematisch einzuhalten. Regelmäßige Schulungen und Audits können helfen, potenzielle Verstöße frühzeitig zu erkennen und zu vermeiden.
  • Externe Expertise nutzen: Arbeiten Sie eng mit Fachleuten wie Steuerberatern, Wirtschaftsprüfern und Rechtsanwälten zusammen, um rechtliche Risiken zu minimieren.

Um Haftungsrisiken sowohl im zivilrechtlichen als auch im strafrechtlichen Bereich zu minimieren, sollten GmbH-Geschäftsführer präventiv handeln und sich umfassend absichern. Nachfolgend finden Sie einige essenzielle Maßnahmen:

  • Sorgfältige Dokumentation: Alle geschäftlichen Entscheidungen, insbesondere bei kritischen Themen wie Investitionen, Verträgen oder Gesellschafterbeschlüssen, sollten detailliert dokumentiert werden. Dies dient nicht nur der Transparenz, sondern auch der Nachweisbarkeit sorgfältigen Handelns.
  • Regelmäßige Überprüfung der Liquidität: Überwachen Sie die finanzielle Situation der GmbH kontinuierlich, um frühzeitig auf drohende Zahlungsunfähigkeit reagieren zu können.
  • Rechtskonforme Unternehmensführung: Stellen Sie sicher, dass alle gesetzlichen Vorschriften eingehalten werden, insbesondere in den Bereichen Steuern, Sozialversicherung, Arbeitsschutz und Umweltrecht.
  • Delegation und Kontrolle: Nutzen Sie die Möglichkeit, Aufgaben an qualifizierte Mitarbeiter zu delegieren. Kontrollieren Sie jedoch regelmäßig, ob diese Aufgaben ordnungsgemäß ausgeführt werden.
  • D&O-Versicherung: Eine Directors-and-Officers-Versicherung schützt GmbH-Geschäftsführer vor den finanziellen Folgen persönlicher Haftungsansprüche. Diese Police ist besonders bei Streitigkeiten mit Gesellschaftern oder Gläubigern essenziell.
  • Frühzeitige Beratung: Ziehen Sie rechtzeitig Experten hinzu, beispielsweise bei größeren strategischen Entscheidungen oder Unsicherheiten bezüglich gesetzlicher Vorgaben.

Die Geschäftsführerhaftung ist ein komplexes und risikoreiches Feld, das von GmbH-Geschäftsführern ein hohes Maß an Verantwortung und Fachkenntnis erfordert. Sowohl die Innenhaftung gegenüber der Gesellschaft als auch die Außenhaftung gegenüber Dritten bergen erhebliche finanzielle und rechtliche Risiken. Hinzu kommen strafrechtliche Gefahren, die im schlimmsten Fall mit Freiheitsstrafen enden können.

Um diesen Herausforderungen gerecht zu werden, sollten GmbH-Geschäftsführer präventiv handeln, sich umfassend über ihre Pflichten informieren und rechtliche sowie finanzielle Absicherungen schaffen. Eine professionelle Beratung durch spezialisierte Rechtsanwälte kann dazu beitragen, Haftungsrisiken zu minimieren und in kritischen Situationen die richtigen Entscheidungen zu treffen.

Mit der richtigen Kombination aus Wissen, Prävention und Beratung können GmbH-Geschäftsführer ihre Aufgaben erfolgreich wahrnehmen und gleichzeitig die Risiken ihrer Position effektiv begrenzen.


Reimann & Partner Rechtsanwälte - Martin Fronczyk

MARTIN FRONCZYK

Managing Partner

Rechtsanwalt

Diplom-Betriebswirt (FH)

M.Sc. Wirtschaftswissenschaften


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